Kanzlei-Newsletter vom 26. April 2021

Sehr geehrte Damen und Herren,

wir steuern mit großen Schritten auf den Frühling zu.
Corona stellt uns immer wieder vor viele neue Fragen.

Gerne stellen wir Ihnen mit unserem April-Kanzlei-Newsletter aktuelle Informationen und Tipps zu Steuerthemen zur Verfügung, um zu aktuellen Themen Klarheit zu erlangen.

Mit besten Grüßen

DR. UWE H. VOLKMANN • JAN HOFMANN • JENNY HÖHNE-VOLKMANN
Diplom-Finanzwirte und Steuerberater

 

1. Update Wirtschaftshilfen – Stand 14.04.2021

  1. Der Antrag auf November- & Dezemberhilfe kann noch bis zum 30. April 2021 gestellt werden.
     
  2. Überbrückungshilfe III als Beitrag zu den betrieblichen Fixkosten für Unternehmen, die zum Stichtag 31. Dezember 2020 zumindest einen Mitarbeiter (Vollzeitäquivalent) beschäftigten, für den Förderzeitraum:  November 2020 bis Juni 2021. Der Antrag kann bis 31.08.2021 gestellt werden.

    Voraussetzung: mindestens 30 % Umsatzeinbruch im Vergleich zum Referenzmonat im Jahr 2019
    (Unternehmen, die zwischen dem 1. Januar 2019 und dem 30. April 2020 gegründet worden sind, können als Vergleichsumsatz wahlweise den durchschnittlichen monatlichen Umsatz des Jahres 2019 heranziehen, den durchschnittlichen Monatsumsatz der beiden Vorkrisenmonate Januar und Februar 2020 oder den durchschnittlichen Monatsumsatz in den Monaten Juni bis September 2020 in Ansatz bringen)

    Die Überbrückungshilfe III erstattet einen Anteil in Höhe von
    bis zu 90 % der förderfähigen Fixkosten bei Umsatzeinbruch > 70 %
    bis zu 60 % der förderfähigen Fixkosten bei Umsatzeinbruch ≥ 50 % und ≤ 70 %
    bis zu 40 % der förderfähigen Fixkosten bei Umsatzeinbruch ≥ 30 % und < 50 %

    Unternehmen, die November- und/oder Dezemberhilfe erhalten, sind für November 2020 und/oder Dezember 2020 nicht antragsberechtigt

    Es erfolgt eine Schlussabrechnung nach Ablauf des letzten Fördermonats bzw. nach Bewilligung, spätestens jedoch bis 30. Juni 2022. Sollte der tatsächliche Umsatzeinbruch bzw. die angenommenen Fixkosten in einem Fördermonat höher ausfallen, erfolgt auf entsprechenden Antrag eine weitere Erstattung. Entsprechend muss bei tatsächlich geringerem Umsatzeinbruch / geringeren Fixkosten die Überbrückungshilfe III anteilig oder voll zurückgezahlt werden. Erfolgt keine Schlussabrechnung, ist die Corona-Überbrückungshilfe III in gesamter Höhe zurückzuzahlen.

    Aktuelle Anpassungen: Sofern der Umsatzeinbruch >  50 %  in mind. drei Monaten im Zeitraum von November 2020 bis Juni 2021 beträgt, wird zusätzlich ein Eigenkapitalzuschuss zur Substanzstärkung bis zu 40 %  des Betrags, den ein Unternehmen für die förderfähigen Fixkosten erstattet bekommt, gezahlt.

    Außerdem wird die Fixkostenerstattung der Überbrückungshilfe III für Unternehmen, die einen Umsatzeinbruch von > 70 % erleiden, auf bis zu 100 Prozent erhöht. Bislang wurden bis zu 90 Prozent der förderfähigen Fixkosten erstattet.
     
  3. Soloselbständige werden unterstützt, deren wirtschaftliche Tätigkeit im Förderzeitraum 1. Januar bis 30. Juni 2021 Corona-bedingt eingeschränkt ist. Sie ergänzt die bestehenden Sicherungssysteme, wie z.B. die Grundsicherung. Soloselbständige, welche die Fixkostenerstattung im Rahmen der Überbrückungshilfe III nicht in Anspruch nehmen, können einmalig als Unterstützungsleistung (Neustarthilfe) 50% des im Vergleichszeitraum erwirtschafteten Referenzumsatzes erhalten. Die Neustarthilfe beträgt maximal 7.500 Euro und kann bis 31.08.2021 gestellt werden.

    Wird als Vorschuss ausgezahlt, bevor die tatsächlichen Umsätze im Förderzeitraum feststehen
    ab Juli 2021, wird auf Basis des endgültig realisierten Umsatzes der Monate Januar bis Juni 2021 die Höhe der Neustarthilfe berechnet.

    Der/ die Soloselbständige darf die als Vorschuss gewährte Neustarthilfe in voller Höhe behalten, wenn sie oder er Umsatzeinbußen von über 60 % (bezogen auf die Summe des Umsatzes Januar bis Juni 2021 im Vergleich zum Referenzumsatz) zu verzeichnen hat. Fallen die Umsatzeinbußen geringer aus, ist die Neustarthilfe (anteilig) zurückzuzahlen. Sie ist somit als Liquiditätsvorschuss zu verstehen, der im Falle eines positiven Geschäftsverlaufs der oder des Soloselbständigen (anteilig) zurückgezahlt werden muss.

    Eine Inanspruchnahme beider Förderungen (Überbrückungshilfe III & Neustarthilfe) ist nicht möglich.

    Antragsverfahren auch geöffnet für Soloselbständige, die neben ihren freiberuflichen und/oder gewerblichen Umsätzen auch anteilige Umsätze aus Personengesellschaften (PartG, KG, GbR, OHG) erzielen, die anteilige Umsätze aus Personengesellschaften erzielen und alle ihre selbständigen Umsätze über diese Gesellschaften erzielen und Kapitalgesellschaften mit einer Gesellschafterin bzw. einem Gesellschafter (Ein-Personen-GmbH, Ein-Personen UG (haftungsbeschränkt)) bzw. einer Aktionärin oder einem Aktionär (Ein-Personen-AG).

    Eine nachträgliche Änderung des Antrags (insbesondere aufgrund der vorgenannten Anpassungen im April) wird in einem späteren Release des digitalen Antragssystems ermöglicht Ein Wechsel von der Neustarthilfe zur Überbrückungshilfe III oder umgekehrt ist derzeit nicht möglich. Das BMWi „arbeitet aber an einer angemessenen Lösung, die den Antragstellenden beider Förderprogramme spätestens im Rahmen der Schlussabrechnung zur Verfügung stehen wird“.
BMWi BMWi – Corona-Hilfen für Unternehmen– Corona-Hilfen für Unternehmen
 
 
 
 

2. Update Sofortabzug der Anschaffungskosten digitaler Wirtschaftsgüter


 Nicht nur in Sachen Coronapolitik sind sich Bund und Länder nicht immer einig…

Nachdem die Länder die Umsetzung der Abschreibungen für digitale Wirtschaftsgüter zunächst angehalten hatten, wurde nun mit BMF-Sch­rei­ben vom 26.2.2021 vor­ge­ge­ben, dass die betriebs­ge­wöhn­li­che Nut­zungs­dauer von Com­pu­ter­hard­ware und Soft­ware mit einem Jahr berück­sich­tigt wer­den kann. Die Anschaffungskosten können daher im Zeitpunkt der Anschaffung voll abgeschrieben werden, eine Aktivierung und die Aufnahme in das Anlagenverzeichnis ist nicht notwendig, da grundsätzlich eine Ver­tei­lung der Anschaf­fungskosten im Wege der Absch­rei­bung nur für Wirt­schafts­gü­ter mit einer Nut­zungs­dauer von über einem Jahr vor­zu­neh­men ist.
Auch für Arbeitnehmer und Vermieter gilt die verkürzte Nutzungsdauer, sodass dieser Steuervorteil allen zu Gute kommt!

Hard­ware:
u.a.
– (Desk­top- und Note­book-) Com­pu­ter
– Tablets / Slate-Computer
– Desk­top-Thin-Cli­ents
– mobile Work­sta­ti­ons
– Speichergeräte
– Eingabegeräte (Maus, Scanner, Kamera, Headset)
– Ausgabegeräte (Drucker, BEamer, Bildschirme)
Voraussetzung: der Her­s­tel­ler unterliegt einer Kenn­zeich­nungspf­licht nach der EU-Ver­ord­nung Nr. 617/2013 vom 26.6.2013 zur Umset­zung der Öko­de­sign-Richt­li­nie 2009/125/EG vom 21.10.2009

Soft­ware:
u.a.
– Betriebs- als auch Anwen­der­soft­ware zur Daten­ein­gabe und -ver­ar­bei­tung
– ERP-Soft­ware
– Software für Warenwirtschaft
– sons­tige Anwen­dungs­soft­ware zur Unter­neh­mens­ver­wal­tung / Pro­zess­steue­rung
 
Hin­weis: Das BMF-Sch­rei­ben ist erst­mals in Wirt­schafts­jah­ren anzu­wen­den, die nach dem 31.12.2020 enden. Rest­buch­werte früher ange­schaff­ter oder her­ge­s­tell­ter (digi­ta­ler) Wirt­schafts­gü­ter, bei denen bis­lang eine län­gere Nut­zungs­dauer berück­sich­tigt wurde, kön­nen in Gewin­ner­mitt­lun­gen nach dem 31.12.2020 voll­stän­dig abge­schrie­ben wer­den.
 

3. Änderungen aufgrund des Mehrwertsteuer-Digitalpakets


 
Zum 1.7.2021 und für die Anmeldemöglichkeiten auch schon ab dem 1.4.2021 treten die neuen Regelungen des sog. MwSt-Digitalpakets in der Europäischen Union in Kraft. Durch diese neuen Vorschriften verändern sich insbesondere die Rahmenbedingungen für grenzüberschreitende Lieferungen gegenüber Nichtunternehmern. Es wird aber auch ein neuer Leistungstatbestand – ein „fiktives Reihengeschäft“ – eingeführt. Darüber hinaus wird die bisherige Mini-One-Stop-Shop-Regelung durch verschiedene One-Stop-Shops abgelöst, die für Unternehmer völlig neue Bedingungen für die Besteuerung von Umsätzen nach sich ziehen.

Hintergrund
Nach dem Wegfall der Binnenmarktgrenzen zum 1.1.1993 wurde entschieden, weiterhin Umsatzsteuer bei Lieferungen im Bestimmungsmitgliedstaat (sog. Bestimmungslandprinzip) entstehen zu lassen, wenn dies praktisch möglich ist. Bei Lieferungen an Personen, die keine innergemeinschaftlichen Erwerbe besteuern müssen (Nichtunternehmer und besondere Unternehmer i.S.d. § 1a Abs. 3 UStG, die die Erwerbsschwelle nicht überschreiten) wurde dies insbesondere dadurch umgesetzt, dass sich der Ort der Lieferung in den Bestimmungsmitgliedstaat verlagerte, wenn die landesspezifische Lieferschwelle von mindestens 35.000 EUR überschritten wurde (sog. Versandhandelsregelung). Dies führte dann zwingend zu einer individuellen Veranlagungsverpflichtung für den liefernden Unternehmer im Bestimmungsmitgliedstaat.
Diese hohen Lieferschwellen verbunden mit hohen Kosten bei einer individuellen Veranlagung in anderen Mitgliedstaaten waren nicht mehr zeitgemäß, zumal sich der Markt der Versandhandelslieferungen seit Einführung des Binnenmarkts radikal verändert hat.

Es gibt ab dem 1.7.2021 keine Lieferschwelle in der bisher bekannten Höhe mehr. Es kommt lediglich eine für alle Mitgliedstaaten summarische Umsatzschwelle i.H.v. 10.000 EUR (§ 3c Abs. 4 UStG) zur Anwendung, die zusammen mit der bisher schon bekannten Bagatellgrenze für die Telekommunikationsdienstleistungen, Rundfunk- und Fernsehdienstleistungen sowie den auf elektronischem Weg erbrachten sonstigen Leistungen („TRFE-Leistungen“) an Nichtunternehmer i.S.d. § 3a Abs. 5 UStG gilt. Die Umsatzschwelle gilt nicht pro Land, sondern für die Summe aller unter diese Regelungen fallenden Umsätze.

Während bei der bisherigen Versandhandelsregelung der leistende Unternehmer unter den Bedingungen des § 3c UStG sich in dem jeweiligen Bestimmungsmitgliedstaat auch unmittelbar registrieren und besteuern lassen musste, wird jetzt wahlweise die bisher nur für bestimmte sonstige Leistungen geltende „Mini-One-Stop-Shop-Regelung“ auf diese Leistungen erweitert – dann als „One-Stop-Shop-Regelung“ (OSS-Regelung).

Hinweis: Unternehmer können sich seit dem 1.4.2021 über das Online-Portal des Bundeszentralamts für Steuern für die neue One-Stop-Shop-Regelung registrieren lassen. Unternehmer, die schon für das Vorgängerverfahren der Mini-One-Stop-Shop-Regelung registriert sind, nehmen automatisch an der Sonderregelung One-Stop-Shop (EU-Regelung) teil. Andere Unternehmer müssen, um an der Sonderregelung teilzunehmen, ihre Teilnahme auf elektronischem Weg unter Angabe ihrer USt-IdNr. beim BZSt beantragen. Bei umsatzsteuerlichen Organschaften muss die Teilnahme an der Sonderregelung durch den Organträger unter dessen USt-IdNr. beantragt werden.

Insgesamt lassen sich die neuen Regelungen in verschiedene Kategorien unterteilen:

  • Völlig neue Regelungen für die Verkäufe in andere Mitgliedstaaten an Leistungsempfänger, die ohne gültige USt-IdNr. auftreten – Neufassung des § 3c UStG, von den „Versandhandelslieferungen“ zu den innergemeinschaftlichen Fernverkäufen
  • Aufnahme neuer Vorschriften in § 3c UStG für Lieferungen, bei denen die Gegenstände aus dem Drittlandsgebiet in die Europäische Union eingeführt werden
  • Regelungen zu einem „fiktiven Reihengeschäft“, wenn Gegenstände unter Einbeziehung einer elektronischen Plattform geliefert werden
  • verschiedener Möglichkeiten der zentralen Erfassung von Umsätzen in anderen Mitgliedstaaten über einen One-Stop-Shop
  • Vereinfachtes Einfuhrverfahren bei gleichzeitigem Wegfall der bisherigen Befreiung für Waren bis zu einem Wert von 22 EUR

 
Sollte einer der o.g. Fälle auf Sie zutreffen, kommen Sie bitte auf uns zu, damit wir Sie einzelfallbezogen beraten können.
 
 
Wichtig:

  1. Von entscheidender Bedeutung – insbesondere für deutsche Unternehmer – sind die Veränderungen bei dem innergemeinschaftlichen Fernverkauf. Unternehmer, die Waren in andere Mitgliedstaaten an Abnehmer verkaufen, die keinen innergemeinschaftlichen Erwerb der Besteuerung unterwerfen müssen und die bisher wegen der hohen Lieferschwellen (mindestens 35.000 EUR pro Land) sich nicht um die Umsatzsteuerkonsequenzen in den anderen Mitgliedstaaten kümmern mussten, müssen sich jetzt intensiv mit den neuen Regelungen auseinandersetzen
  2. Für die Prüfung der Umsatzschwelle von 10.000 EUR werden nicht erst die Umsätze ab dem 1.7.2021 herangezogen. Hat ein Unternehmer in 2020 oder schon im ersten Halbjahr 2021 Waren in andere Mitgliedstaaten an Abnehmer i. S. d. § 3c Abs. 1 UStG für mehr als 10.000 EUR (in die Prüfung dieser Umsatzschwelle sind auch die TRFE-Leistungen i. S. d. § 3a Abs. 5 UStG mit einzubeziehen) – in der Summe aller Mitgliedstaaten – geliefert, unterliegen alle Lieferungen ab dem 1.7.2021 der Ortsbestimmung des § 3c Abs. 1 UStG, soweit die weiteren Voraussetzungen erfüllt sind (Abschn. 3a.9a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Satz 2 UStAE).
  3. Der Besteuerungszeitraum ist nach § 16 Abs. 1c Satz 1 UStG das Kalendervierteljahr, die Erklärung ist innerhalb eines Monats nach Ablauf des Besteuerungszeitraums elektronisch abzugeben und die Zahlung bis zu dieser Frist zu leisten
  4. Bei dem One-Stop-Shop gilt nur ein „Alles-oder-nichts-Prinzip“. Wenn dieses Verfahren gewählt wird, muss es für alle in diesem Verfahren erfassbaren Umsätze und für alle Mitgliedstaaten angewendet werden. Kleinere Unternehmen werden in der Praxis nicht an der Teilnahme an diesem Verfahren vorbeikommen, da sie sich ansonsten in verschiedenen Mitgliedstaaten der EU zur Umsatzsteuer erfassen lassen müssten
  5. Werden erstmals solche Umsätze ausgeführt oder die Umsatzgrenze (10.000 EUR) überschritten, muss die Anmeldung bis zum 10. Tag des auf die erste Leistungserbringung folgenden Monats erfolgen
  6. Keine Antworten geben die Neuregelungen auf die heute üblichen Verkäufe über große Online-Marktplätze, die zur zeitnahen Versorgung Zentrallager in verschiedenen Mitgliedstaaten unterhalten und Waren der einzelnen Unternehmer zwischen diesen Lagern umlagern. Hier bleibt es bei der zwingenden Veranlagung der Unternehmer in den einzelnen Mitgliedstaaten. Eine Einbeziehung des innergemeinschaftlichen Verbringens in die Besteuerung über den One-Stop-Shop ist genauso wenig möglich wie die Lieferung aus einem solchen Warenlager an einen Nichtunternehmer in diesem Mitgliedstaat.

 
Quelle: https://www.haufe.de/steuern/finanzverwaltung/Umsetzung-der-zweiten-Stufe-des-Mehrwertsteuer-Digitalpakets_164_540284.html?ecmId=32262&ecmUid=4116018&chorid=00511434&newsletter=news%2FPortal-Newsletter%2FSteuern%2F53%2F00511434%2F2021-04-13%2FTop-News-Umsetzung-der-zweiten-Stufe-des-Mehrwertsteuer-Digitalpakets
Haufe.de (Prof. Dr. Rolf-R. Radeisen)
 

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